Stellungnahme zur amtstierärztlichen Anordnung zur Tötung von 8 Bienenvölkern in Pankow
Hintergrundinformation: Die Amerikanische Faulbrut ist eine für Honigbienenvölker gefährliche Krankheit, die jedoch für den Menschen und andere Tiere ungefährlich ist. Auch der Honig kann vom Menschen bedenkenlos verzehrt werden. Aufgrund der wichtigen Rolle der Honigbiene als landwirtschaftliches Nutztier ist die Amerikanische Faulbrut eine melde- und bekämpfungspflichtige Tierseuche über deren Bekämpfung der jeweilige im Bezirk bestellte Amtstierarzt wacht.
An einem Pankower Bienenstand wurden im November durch eine vorsorgliche Sammelbeprobung Erreger dieser Krankheit gefunden. Daraufhin wurden alle Völker vom Amtstierarzt einzeln untersucht und beprobt. Im Ergebnis wurde die Krankheit bei zwei der zehn Bienenvölker nachgewiesen und die Erkrankung durch entsprechende Symptome bestätigt.
Der Imker, ein erfahrenes Mitglied des Imkervereins Reinickendorf-Mitte e.V., tötete die beiden betreffenden Völker auf Weisung des Amtsveterinärs ab.
Der Amtsveterinär fordert auch die Abtötung der acht gesunden Völker, bei denen keine Erreger oder Krankheitssymptome nachgewiesen wurden. Dem konnte der Imker nicht folgen und wandte sich an die Justiz, in der vergangenen Woche gab es dazu eine Eilentscheidung des Berliner Verwaltungsgerichts (https://www.berlin.de/gerichte/verwaltungsgericht/presse/pressemitteilun...). Der Fall liegt nun beim Oberverwaltungsgericht.
Stellungnahme des Imkerverband Berlin e.V. und des Imkerverein Reinickendorf-Mitte e.V. zum schwebenden Verfahren VG 24 L466.18
Für unser Verbands- und Vereinsmitglied geht es in erster Linie um das Tierwohl - das der zuständige Amtstierarzt akut gefährdet sieht: Acht Bienenvölker, die bisher weder klinisch krank oder labortechnisch nachweisbar infiziert in Pankow stehen und das Pech haben, ihre Postanschrift mit zwei tatsächlich an der Amerikanischen Faulbrut erkrankten Völkern zu teilen, sollen nach Willen des zuständigen Amtstierarztes "abgeschwefelt" werden.
Das Abtöten der Völker sei geboten, da aufgrund der räumlichen Nähe zu den erkrankten Völkern der hinreichende Verdacht auf Vorliegen der Erkrankung bestehe. Eine fachliche Begleitung durfte dem Imkerkollegen beim Besuch des behördlich bestellten Veterinärs ausdrücklich nicht zur Seite stehen; dafür kam die anschließende Anweisung ausschließlich mündlich - alle Völker sollten binnen drei Tagen abgetötet werden.
Vor dem Hintergrund, dass eine Ausbreitung der vornehmlich über Bienenflug verbreiteten Bienenkrankheit um diese Jahreszeit praktisch nicht zu erwarten ist und dass zudem viele Völker im eingerichteten Sperrkreis aufgrund der Witterungsbedingungen zur Zeit noch gar nicht untersucht werden konnten, sehen Fachleute wie der Leiter des Bieneninstitutes in Celle, Prof. Dr. Werner von der Ohe, in solchen Fällen keinen akuten Abtötungsbedarf.
Dort hat man bereits ausgezeichnete Erfahrungen mit der Sanierung erkrankter oder möglicherweise erkrankter Völker gemacht, die auch noch nach dem Winter durchgeführt werden kann und hat dafür ein einheitliches Konzept erarbeitet. Hierbei spielt die umfassende Untersuchung aller Bienenvölker im Umkreis des auffälligen Standes zur Ermittlung des eigentlichen Infektionsherdes eine entscheidende Rolle. Aufgrund derartiger Bekämpfungskonzepte hatte das Land Berlin im Jahr 2017 über eine Fördermaßnahme eigens die Anschaffung eines "Bienengesundheitsmobils" für die Berliner Imkerschaft ermöglicht, mit denen die begleitend erforderliche Desinfektion von Imkereimaterial durchgeführt werden kann.
Daher wurde versucht, die Anweisung über eine Eingabe an das zuständige Verwaltungsgericht zu stoppen, was dieses jedoch auf Basis der Stellungnahme des Amtstierarztes ablehnte ohne weitere Experten anzuhören.
Nun geht das Verfahren jedoch in die nächste Runde und in die 2. Instanz am Oberverwaltungsgericht.
Der Imkerverband Berlin e.V. und der ihm angeschlossene Imkerverein Reinickendorf-Mitte e.V. bedauern diese Eskalation, doch wir unterstützen ausdrücklich das betroffene Mitglied bei dieser Auseinandersetzung.
Vor dem Hintergrund, dass es auch aus imkerlicher Sicht gewünscht wird, dass mehr Imker und Imkerinnen die Möglichkeit der Frühdiagnostik mittels sogenannter Futterkranzproben nutzen, ist die vertrauensvolle und sachgerechte Zusammenarbeit zwischen Imkern und Amtstierärzten essentiell.
Hierzu gehört ein nachvollziehbares, Berlin-weit einheitliches und dem aktuellen Kenntnisstand angemessenes Vorgehen sowohl bei der Vorsorge (berlinweites Monitoring) als auch bei positiven Befunden.
Hierzu gehört die klare Unterscheidung zwischen tatsächlich erkrankten Völkern und sowohl in Diagnostik und Symptomatik negativ befundeter Völker selbst wenn diese in unmittelbarer Nachbarschaft erkrankter Völker stehen. Dieses Vorgehen entspricht der offiziellen „Leitlinie zur Bekämpfung der Amerikanischen Faulbrut der Bienen in Deutschland“, herausgegeben vom Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz. Insbesondere bei solchen Völkern sollten nach Möglichkeit die Erkenntnisse der vielen erfahrenen Bienenseuchensachverständigen Deutschlands über volkserhaltende Sanierung Berücksichtigung finden. Am Bienenstand der FU Berlin konnte demonstriert werden, dass benachbart stehende Bienenvölker trotz ihrer Nähe zu einstig AFB-positiven Völkern dauerhaft gesund geblieben sind.
Hierzu gehört es unserer Meinung auch, dass Imker und Imkerinnen das Schadbild der Erkrankung bei solchen Funden kennenlernen dürfen und nicht pauschal ausgeschlossen werden. Die "Geheimniskrämerei" um diese meldepflichtige Tierseuche verstärkt eher die Gefahr der Verdeckung und verhindert das frühzeitige Erkennen von Ausbrüchen.
Wir sind der Ansicht, dass ein offener Umgang mit der Amerikanischen Faulbrut nicht über Gesetzestexte und Bußgeldkataloge erzwungen werden kann, sondern nur über einen fairen Dialog zwischen allen Beteiligten und transparenter Abwägung der Handlungsoptionen unter Einbeziehung des/der betroffenen Imkers oder Imkerin. Das hier angeordnete Abtöten von an die 100.000 Bienen allein auf Basis eines unbelegten Erkrankungsverdachtes ignoriert das Schutzbedürfnis des Imkers und ist tierethisch nicht vertretbar.
In diesem Sinne hoffen wir auf eine gütliche Einigung im gemeinsamen Sinne, nämlich zum Wohle des Berliner Biens!
Berlin, den 6.12.2018
Dr. Benedikt Polaczek
für den Imkerverband Berlin e.V.
Dr. Melanie von Orlow
für den Imkerverein Reinickendorf-Mitte e.V.