Zusammenfassung des Vortrags "Amerikanische Faulbrut" von Guido Eich

Zusammenfassung des Vortrags

Amerikanische Faulbrut

von Guido Eich vom Bieneninstitut Celle (Außenstelle Oldenburg)
am 20.10.2015 auf dem Vereinsabend vom Imkerverein Reinickendorf-Mitte e.V.
durch Andreas Gottschalk

Einleitung

Guido Eich ist Diplom-Biologe und Imkermeister, also Wissenschaftler und Praktiker, beschreibt sich selbst als Theopraktiker. Seit 15 Jahren betreibt er Faubrutsanierung im Offenen Kunstschwarmverfahren und hat damit sehr gute Erfahrungen gemacht, nach seinen Aussagen ohne einen einzigen Rückfall, obwohl in Einzelfällen teilweise hunderte Völker betroffen waren. Wesentlicher Punkt ist die gleichzeitige Behandlung aller betroffener Völker in einem Gebiet. Und um das zu erreichen, ist Psychologie der entscheidende Schlüssel: Alle Imker im Gebiet müssen mitmachen und dürfen nichts verheimlichen, was der Faulbrut eine Nische geben könnte: Keine versteckten Bienenstände, keine verschwiegenen oder vergessenen Völker, keine Wabenvorräte, kein Altwabenwerk aus verlassenen Imkereien. Entsprechend zog sich durch seinen Fachvortrag auch die psychologische Komponente wie ein roter Faden durch, wobei er teils drastische Worte fand, die ich mir zwar nicht zu eigen machen aber in plakativer Zusammenfassung nennen möchte, die nicht als Gesamt-Zitat zu verstehen ist:

Alle Imker sind kleinkarierte Geizkragen, Kleinkriminelle und Leichenfledderer, die auch mit Hehlerware handeln.

Das ist jetzt nicht pauschal als Anklage durch den Staatsanwalt zu verstehen, weshalb ich die (von mir so verstandenen) Hintergründe erläutere:

Kleinkarierte Geizkragen: Imker sind oftmals sehr "ehrgeizig oder eher geizig" (Guido Eichs Formulierung) und erfinderisch bzw. gut im Recyceln, selbst wenn sich dadurch nur ein paar Euro einsparen lassen. Problematisch ist es immer dort, wo es auf Kosten der Hygiene geschieht, z.B. beim Wiederverwenden von Beuten oder Rähmchen, insbesondere aus alter oder gar unbekannter Herkunft, wenn diese nicht gründlichst gereinigt werden.

Kleinkriminelle: Imker verheimlichen gerne etwas, vor allen gegenüber Veterinären. Die Aussage ist sicher zu pauschal gegenüber allen Imkern, aber Herr Eich hat da wohl einige Erfahrungen… Aber er hat auch Verständnis: Insbesondere Hobby-Imker sehen ihre Völker nicht als Honig-Produktions-Maschinen sondern eher wie ihre schutzbedürftigen Kinder, entsprechend hat das übliche Vernichten aller befallenen Völker wenig Akzeptanz unter den betroffenen Imkern, weshalb die Sanierung der bessere Ansatz ist. Und wenn die Imker (wie im Durchschnitt) auch noch etwas älter sind, möglicherweise gar noch verwitwet, sind Imker-Kollegen und Kunden die einzig verbliebenen Sozialkontakte, die durch einen schlechten Ruf als Faulbrutherd nicht aufs Spiel gesetzt werden, zumal Faulbrut landläufig immer noch als Beweis für einen schlechten Imker angesehen wird. Das ist zwar inhaltlich falsch, es müsste umgekehrt eher als Auszeichnung verstanden werden, denn gute Imker sorgen für große starke Völker, aber gerade diese räubern dann kranke schwache Völker der Umgebung und holen sich damit die Keime in den Stock.
Merksatz: Die stärksten/fleißigsten Völker haben die faulste Brut.

Leichenfledderei: Stirbt ein Volk, werden die „guten Waben“ und insbesondere die „wertvollen Honigvorräte“ gerne noch für andere Völker weiterverwendet. Damit werden aber auch alle Keime vom verstorbenen Volk übertragen… Gleiches gilt auch für überschüssige Vorratswaben aus dem Winterfutter, die noch brauchbar für Ableger sind.

Hehlerei: Imkers Lieblingsvolk war ja so fleißig im Honigsammeln... Nur bleibt die Frage, ob die fleißigen Bienen wirklich nur Nektar gesammelt und getrocknet haben, oder ob sie stattdessen nicht besonders fleißig im Räubern kranker Völker aus der Umgebung gewesen waren.

Biologie der Amerikanischen Faulbrut

Die Amerikanische Faulbrut ist eine bakterielle Infektion, die Bienen an ihrer empfindlichsten Stelle trifft: Ihrer Brut. Die Erreger breiten sich im Darm befallener Bienenlarven aus, durchdringen die Darmwand und zersetzen die Larven von innen, bis nichts bleibt außer einer hoch infektiösen braunen Masse. Die adulten Tiere selbst erkranken nicht, da der Erreger ihre Darmwand nicht passieren kann, aber abgetötet wird der Erreger im Honigmagen und Darm der Bienen nicht – im Gegenteil, durch das Füttern wird die Brut erst infiziert, und mit der Weitergabe von Nektar/Honig untereinander wird der Erreger im ganzen Bienenstock und in den Honigvorräten verteilt. Besonders problematisch sind daher die frischen Honigvorräte in der Honigglocke über der Brut, weshalb die Beprobung mit Honig aus dem Futterkranz durchgeführt wird. Ein Infekt kann dort schon nachgewiesen werden, lange bevor der klinische Ausbruch der Krankheit erfolgt. Bleibt die Infektion zunächst unbemerkt, befällt der Erreger mehr und mehr Bienenlarven, was zunächst zu einem löchrigen Brutbild führt. Die Bienen versuchen zunächst, durch erhöhte Bruttätigkeit gegenzusteuern, um den Verlust an Nachwuchs auszugleichen, aber in der Folge schrumpft das Volk, bis es schließlich zusammenbricht.

Natürliche Infektionswege

Die Erreger überleben problemlos im Honigmagen erwachsener Bienen und lassen sich via Futteraustausch zwischen den adulten Tieren und über das Füttern der Brut im Volk verteilen. Ebenso gelangen sie in die Honigvorräte und können dort problemlos Jahrzehnte lang verweilen. Bricht ein Volk zusammen, versuchen sich die letzten Bienen bei Nachbarvölkern einzubetteln; sie tragen den Erreger in sich und infizieren damit andere Völker. Gleichzeitig bemerken starke Nachbarvölker der Umgebung, dass im zusammenbrechenden Volk billiger (unverteidigter) Honig lagert – mit dem Raub dieser Vorräte holen sie sich den Erreger selbst in den Stock und infizieren sich, bis sie schließlich selbst zusammenbrechen und geräubert werden.
Der Faulbruterreger überlebt nicht nur im Honig, sondern sogar im Propolis. Und da Bienen auch Propolis recyceln, ggf. sogar aus verlassenen Bienenstöcken, können sie sich selbst dabei infizieren.
Die Bienen wirken der Krankheit durch ihr Schwarmverhalten und der damit einhergehenden Brutpause entgegen: Zunächst saugen sich alle Flugbienen vor dem Schwärmen mit Honig aus dem gesammelten voll; ist das Volk infiziert, tragen auch die Schwarmbienen den Erreger in sich, so dass auch der Schwarm zunächst infiziert ist. Allerdings müssen die Schwarmbienen zunächst neues Wabenwerk errichten und damit ihren Honigvorrat verbrauchen, statt ihn in neue Waben einzulagern. Mit dem Verdauen des Honigs scheiden sie zwar auch infektiösen Kot aus, doch wenn alle Bienen regulär draußen abkoten können, tötet das UV-Licht den Erreger ab. Bis der Schwarm dann die erste neue Brut füttert, besteht eine gute Chance, sämtlichen infizierten Honig verbraucht zu haben.
(Dieses Verbrauchen des mitgebrachten Honigs ist auch der Hauptgrund für die übliche „Kellerhaft“ von gefangenen Schwärmen unbekannter Herkunft.)

Infektionswege in der Imkerei

Die frühere Korbimkerei war vor allem auf Schwärme ausgelegt. Außerdem wurde den Bienen bei der Honigernte das komplette Wabenwerk genommen, worauf die Völker noch im Herbst vollständig neu aufbauen mussten. Das hat die Völker viel Kraft gekostet und war meist nur durch Vereinigen von Völkern möglich, aber eventuell infiziertes Wabenwerk verblieb nie in den Völkern. Allerdings stellen die Körbe ein Risiko dar, da sie grundsätzlich nicht desinfiziert werden können.
Die heutige möglichst schwarmlose Magazin-Imkerei mit ihrem Rähmchen steigert das Infektionsproblem erheblich: Waben können lange im Volk verbleiben, und mit ihnen alle Erreger. Die Amerikanische Faulbrut sei vor allem deswegen amerikanisch, weil die dortige Verweildauer des Wabenwerks in den Völker besonders hoch sei, der Durchschnitt liegt angeblich bei mehreren Jahrzehnten. Auf das ungläubige Kopfschütteln der Hörer berichtete Guido Eich, dass die allgemeine Meinung, die Zellen würden mit jeder Brut dünner werden, so nicht stimmt: Es wird lediglich die Mittelwand immer dicker, dort könne man die Schichten wie Jahresringe zählen. Aber die eigentlichen Zellwände bleiben immer gleich.
Bzgl. Faulbrut ist das Verbleiben von Altwaben im Volk das eher kleinere Problem; größere Gefahr geht vom Transfer von Waben von einem Volks ins andere hervor. Und durch Ablegerbildung mit Brutwaben und Honigkränzen können gleich infizierte Jungvölker gegründet werden. Besonders tückisch ist die „kommunale Völkervermehrung“ mit Königinnenzucht, wie sie dieses Jahr im Deutschen Bienenjournal (Ausgabe 3/2015) beschrieben wurde: Stammen Brutwaben für einen Sammelbrutableger zur Königinnenzucht aus verschiedenen Imkereien, so genügt bereits ein nicht sichtbar infiziertes Volk, die gesamte Zucht und alle daran angeschlossenen Imkereien auf einmal zu infizieren. Ein entsprechendes Gesundheitszeugnis aller Beteiligten sollte das Risiko zwar erheblich mindern, aber ausschließen kann es das Risiko nicht, denn zwischen Beprobung und Vorliegen der Ergebnisse vergeht Zeit, in der ein Volk auch infiziert werden kann, z.B. weil es zwischenzeitlich die restlichen Wintervorräte eines verstorbenen Volks aus der Umgebung gefunden hat.
Diese lokalen Infektionswege werden ergänzt durch unsere heutige Mobilität, plakativ: „Faulbrut fährt gern Auto!“ Durch das Verbringen von Ablegern zu weiter entfernten Standorten, den Kauf von „Paketbienen“ und durch die Wanderimkerei wurde auch die Mobilität der Faulbruterreger und damit der Radius der Infektionsmöglichkeit erhöht. Guido Eich berichtete u.a. von einem Fall, in dem über 600 Völker in fünf verschiedenen Landkreisen betroffen waren.

Senkung des Infektionsrisikos

Auch wenn sich eine Infektion mit Amerikanischer Faulbrut nicht grundsätzlich ausschließen lässt, kann doch jeder Imker versuchen, das Risiko zu senken.
In der eigenen Betriebsweise wird der Infektionsdruck gesenkt, wenn das Recyceln von Waben und Futter unterbleibt. Herr Eich vertrat klar folgendes Motto:
Was einmal den Bienenstock verlassen hat, gehört nie wieder in ein Bienenvolk.
Das betrifft nicht nur Waben von verstorbenen Völkern (z.B. Winterverluste), sondern auch das Aufheben unverbrauchten Winterfutters für Ableger – wer weiß, ob dieses überschüssige Zusatzfutter nicht aus Räuberei stammt. Wachs selbst kann z.B. für neue Mittelwände verwendet werden, wenn es entsprechend heißt eingeschmolzen wird. Ein Sonnenwachsschmelzer erreicht aber nicht die hohen Temperaturen zur Desinfektion.

Die jährliche Faulbrutbeprobung gehört zur wichtigen Vorsorgeuntersuchung: Zwischen erster Infektion und dem Ausbruch der Krankheit können drei Jahre vergehen. Die Behandlung (s.u.) erfolgt am besten im frühen Stadium, wenn die Völker noch stark sind.
Beim Kauf von Bienen sollte der Käufer auf ein aktuelles Gesundheitszeugnis achten. Prinzipiell besteht die Rechtslücke, dass nicht der Verkäufer zum Gesundheitszeugnis verpflichtet ist, sonder der Käufer, der die Bienen über eine Landkreisgrenze (Berlin Bezirksgrenze) verbringen will. Wichtiger als das allgemeine Gesundheitszeugnis via örtlicher Begutachtung wertete Guido Eich die Faulbrutbeprobung vom Labor, da diese viel aussagekräftiger ist als die Begutachtung, eben weil das Labor mögliche Sporen lange vor den ersten Krankheitsanzeichen findet. Wichtig ist aber dabei, dass von einem Bienenstand wirklich alle Völker beprobt werden und nicht nur die, die zum Verkauf stehen. Die Befürchtung eines zu starken Verdünnungseffekts beim Vermischen von Honigkranzproben aus verschiedenen Völkern sei unbegründet - im Gegenteil, das Labor findet eher Sporen der Faulbrut, wenn die Stichprobe möglichst breit gefächert ist, da bei einer Infektion generell eher alle Völker betroffen sind.
Ergänzt werden sollte die Kontrolle des Gesundheitszeugnisses durch einen kritischen Blick in die Völker: Guido Eich musste feststellen, dass Gesundheitszeugnisse aus Gefälligkeit auch in Deutschland möglich sind. Das ist zwar Urkundenfälschung, aber im Zweifelsfall muss der Käufer dies erst einmal beweisen.

Erkennung einer Infektion

Im frühen Stadium ist die Krankheit nur vom Labor zu entdecken. Hierzu wird eine Honigkranzprobe von möglichst frischem Honig aus dem Futterkranz von möglichst hellen Waben genommen – dunkle Altwaben können auch andere Keime enthalten und die Laboruntersuchung ggf. unbrauchbar werden lassen. Auch sollte möglichst kein Pollen in der Probe enthalten sein.

Der Imker selbst kann die Krankheit erst beim Ausbruch bemerken: Ein lückenhaften Brutbild ist zunächst nur ein Indiz. Auch eingefallene Zelldeckel oder einzeln stehengebliebene verdeckelte Zellen lassen nichts gutes erahnen. Was die Zelldeckel angeht, richtete Guido Eich die Aufmerksamkeit auf Details der mitgebrachten Bilder: Einige Zelldeckel sind dunkel fleckig, weil sich die Larven im Inneren erbrochen haben. Andere Zelldeckel haben helle Wachsflecken. Daran sind nicht die Larven schuld sondern die Arbeiterinnen: Bemerken sie eventuelle Probleme mit der verdeckelten Puppe, z.B. aufgrund schlechter Gerüche oder fehlender Wärme, öffnen Sie den Deckel, um die Puppe auszuräumen. Manchmal sind sie unsicher und sehen nur nach; kommen sie zu dem Schluss, die Puppe doch nicht zu entsorgen, verschließen sie die Zelle wieder mit etwas Wachs.
Der üblichen Streichholzprobe im Rahmen der Faulbrutuntersuchung steht Guido Eich skeptisch gegenüber, er verwendet lieber eine Pinzette: Mit dieser lässt sich der Zelldeckel besser öffnen und eine mögliche Puppe weitgehend zerstörungsfrei herausholen; dabei gilt:
Alles, was noch einen Namen bekommen kann, ist keine Faulbrut.
Lässt sich mit der Pinzette noch irgendeine Art von Puppe herausholen, egal wie schlimm sie aussieht, ist es keine Erkrankung mit Amerikanischer Faulbrut, sondern eine andere Brutkrankheit oder Vergiftung oder ggf. auch Überdosierung von Ameisensäure. Zieht die Pinzette nur noch eine gummiartige Masse hervor, die beim Reißen zurückfedert, ist dies ein deutliches Zeichen auf Amerikanische Faulbrut. (Ähnlich dem bekannten Streichholztest.) Zusätzlich überprüft werden sollte aber das Verhalten der Masse beim langsamen Öffnen der Pinzette. Auch hier sollte der gummiartige Effekt sichtbar sein. Dieses Zurückfedern ist typisch für die Amerikanische Faulbrut, da die Erreger durch signifikante „Zotteln“ miteinander verheddern.
Der Geruch der Erkrankung durch Amerikanische Faulbrut sei nicht so auffällig und auch nicht so unangenehm. In der Literatur wird er eher mit dem Geruch von Knochenleim aus der Tischlerei verglichen, aber Guido Eich meinte, er erinnere eher an aufgewärmte Schokoladenbackwaren aus der Plastiktüte.
Etwas tückisch an der Amerikanischen Faulbrut ist der Umstand, dass es verschiedene Genotypen gibt: Der Typ ERIC I ist die allgemein bekannte Variante mit dem löchrigen Brutbild und den eingefallenen Deckeln; dieser Genotyp tötet die Larven langsamer, so dass erst die verdeckelten Puppen absterben. Der Typ ERIC II lässt die Larven meist noch vor der Verdeckelung absterben, so dass keine eingefallenen löchrigen Deckel zu sehen sind – die Zellen erscheinen oberflächlich leer, zeigen aber mit der Pinzette das selbe Verhalten mit der gummiartigen Masse. Bei einer Erkrankung können sogar beide Genotypen parallel auftauchen, auch wenn es zwei Erregerstämme sind.

Was tun im Verdachtsfall bzw. Ausbruch der Amerikanischen Faulbrut?

Legen die Anzeichen den Verdacht nahe, dass ein Ausbruch der Amerikanischen Faulbrut vorliegt, so muss der Amtsveterinär informiert werden (Anzeigepflicht!), der typischerweise eine Probe ins Labor einschickt, um Gewissheit zu erlangen und den Grad der Erkrankung (sowie ggf. den Genotyp) zu erfahren. Erst einmal sollte Ruhe zu bewahrt werden, denn eine Faulbruterkrankung kommt nicht plötzlich und ist ohne Koordination nicht zu kurieren. Wichtig ist, die Völker nicht zu verstellen und keine Waben zwischen Völkern zu tauschen. Normalerweise wird der Amtsveterinär eine Sperre verhängen, u.a. darf nichts verändert und niemand anderes ohne Rückfrage an diese Völker gehen. Honig befallener Völker zu schleudern wird aber meist erlaubt, da die Amerikanische Faulbrut für den Menschen komplett ungefährlich ist – nur dürfen auf keinen Fall Bienen davon „naschen“ können. Als einzige Sofortmaßnahme sollten die Fluglöcher bei geschwächten Völker verkleinert werden, damit sie nicht geräubert werden und die Krankheit sich nicht zusätzlich ausbreiten kann. Insbesondere ist das Abtöten erkrankter Völker hochgradig kontraproduktiv, wenn Beute und Honigvorräte nicht umgehend entsorgt/desinfiziert/verbrannt werden.
Das Behandeln einzelner Völker ist normalerweise aussichtslos: Ist ein Volk erkrankt, tragen die anderen am selben Standort meist auch schon den Erreger in sich. Und typischerweise nicht nur an einem Standort, sondern auch in der Umgebung.
Merksatz: Faulbrut ist immer ein siamesicher Zwilling/Drilling/Vierling/…

Bestandsaufnahme

Die wichtigste Aufgabe vor der eigentlichen Behandlung ist laut Guido Euch eine umfangreiche Bestandsaufnahme, und zwar sowohl beim betroffenen Imker selbst als auch der Umgebung/Nachbarschaft:
- Alle Bienenstände und alle Völker des Imkers müssen erfasst und einbezogen werden.
- Sämtliche Beuten und Einzelteile sowie sämtliches Wabenwerk und Wachs muss erfasst werden.
- Von wem und woher wurden Bienen in den letzten drei Jahren erworben?
- An wen und wohin wurden Bienen in den letzten drei Jahren abgegeben?
- Mit wem gibt es Zuchtgemeinschaften?
- Sind alle Imker der Umgebung erfasst?
- Gibt es alte und nicht mehr genutzte Bienenstände, Bienenhäuser?
Die oben erwähnten plakativen Aussagen über die Imkerschaft entstammen Guido Eichs Erfahrungen vor allem bei der Bestandsaufnahme. Aus Angst davor, alle Völker zu verlieren, versuchen manche Imker Völker zu verheimlichen. Hier ist teilweise detektivischer Spürsinn gepaart mit reichlich Erfahrung und Detailwissen um die Bienen sowie psychologische Trickserei gefragt. Ein erfahrener Imker wie Guido Eich kann anhand Honigvorräten, Entdecklungswachs, Beutenböden usw. gut abschätzen, wie viele Völker ein Imker haben dürfte.
Die Kontaktaufnahme mit den Imker-Nachbarn sei auch nicht immer leicht, insbesondere wenn eine Amtsperson Zugang zu den Bienen wegen Amerikanischer Faulbrut verlangt. Wird nämlich bekannt, dass bei einem Imker die Amerikanische Faulbrut ausgebrochen ist, reagieren andere Imker der Umgebung teils sehr nervös, wollen wissen, wer das „Schwarze Schaf“ ist und würden dessen Völker am liebsten sofort vernichtet sehen, bis sie dann vielleicht doch selbst betroffen sind. Leider sind – entgegen den Vorschriften – nicht alle Imker beim Veterinäramt gemeldet, so dass teilweise Recherche erforderlich ist: Hat jemand ungemeldete Bienen auf dem Dach, Balkon oder im Schrebergarten? Meist findet sich ein Denunziant, der Schilder bzgl. Honigverkauf gesehen hat, oder wegen Streit in der Nachbarschaft bzw. Kleingartenkolonie plaudert. Auch Briefträger/Postboten wissen oft erstaunlich viel, z.B. wegen Zeitschriften, Paketzustellung usw. Wichtig ist aber auch zu erfahren, ob sich irgendwo in der Gegend entkommene Schwärme niedergelassen haben.
Das Seuchengebiet kann am besten mit detaillierten Angaben aus den Laboruntersuchungen abgesteckt werden, d.h. es ist hilfreich, wenn die Labore nicht nur einen Positiv- oder Negativbefund ermitteln, sondern auch den Grad des Befalls: Ein gesundes Volk muss zwar grundsätzlich frei von Faulbrutsporen sein, aber ein nur leichter Befall deutet auf die Randzone des Gebiets hin, während ein starker Befall am Rand der bisherigen Betrachtung möglicherweise ein weiteres Zentrum offenbart.
Ist das Gebiet abgesteckt (und amtlich als Sperrbezirk verhängt), gilt es, alle Imker zusammenzubringen, denn für die Behandlung und den dauerhaften Erfolg ist es unerlässlich, dass alle Imker zusammenarbeiten und eine gleichzeitige Behandlung stattfindet: Die Kraftanstrengung, ggf. hunderte Völker an einem Tag bzw. einem Wochenende zu behandeln, Wachs zu schmelzen und Beuten zu desinfizieren, erfordert viele Helfer.

Behandlung erkrankter Völker

Das Abtöten von erkrankten Völkern versucht Guido Eich zu vermeiden; dies ist nur erforderlich bei extrem geschwächten Völkern oder bei uneinsichtigen Imkern, die sich der Behandlung verweigern. Die Erfahrungen haben gezeigt, dass sich mit dem Abtöten von Völkern die Faulbrut nicht beseitigen lässt. Guido Eich präferiert die Methode der Faulbrutsanierung durch das Offene Kunstschwarmverfahren, bei dem ähnlich zum Naturschwarm die Bienen den Honig in ihren Honigmägen aufbrauchen und in den Bau von neuem Wabenwerk investieren. (Ohne ihn gleich wieder einzulagern!) Das vorhandene Wabenwerk muss dabei komplett entsorgt bzw. bei großer Hitze eingeschmolzen werden.

1. Schritt: Kunstschwarmbildung
Alle Völker werden an ihrem Standort auf eine leere Zarge reduziert, insbesondere werden sie dabei komplett von den Waben abgestoßen und die Waben bienendicht verschlossen und weggebracht zum Entsorgen/Verbrennen bzw. Einschmelzen und Desinfizieren. Das Abstoßen selbst wird in einem großen Rutsch sehr schnell durchgeführt und dauert pro Volk nur wenige Minuten – normalerweise müssen pro Tag hunderte Völker behandelt werden. Dabei ist auf absoluten Stichschutz zu achten, denn der komplette Raub aller Waben aus allen Völkern lässt selbst friedliche Völker zu Furien werden – eines der Bilder der Präsentation zeigte nach Abschluss hunderte tote Bienen am Boden, wohl alles Bienen, die in den Stichschutz gestochen hatten.
Nach Entnahme der Waben bleiben die Völker an ihrem Standort. Sie erhalten noch keine Rähmchen/Mittelwände, dürfen aber frei fliegen, um sich mit Nektar aus der Umgebung zu versorgen, damit sie nicht verhungern, schließlich hatten sie als Kunstschwarm keine Gelegenheit, sich mit Honig vollzusaugen – den belasteten Honig sollen sie ja so schnell wie möglich verbrauchen.

2. Schritt: Desinfektion der Beuten und des Wabenmaterials
Das komplette Wabenwerk und alle nicht im Einsatz befindlichen Beutenteile müssen entsorgt oder desinfiziert werden. Sämtliches Wachs kommt in die Wachsschmelze (mind. 100°C), um komplett desinfiziert zu werden. Styropor-Beuten müssen gesäubert und anschließend in kochender Natronlauge desinfiziert werden. Ebenso verfährt man mit den ausgeschmolzenen Rähmchen. Beides muss hinterher mit einem Hochdruckreiniger gut abgespült werden, damit keine Laugenreste bleiben.
Holzbeuten werden gründlich ausgekratzt und abgeflammt. Wichtig ist darauf zu achten, dass Wachs und Propolis so vollständig wie möglich vor dem Abflammen entfernt wird, da es ansonsten beim Abflammen flüssig wird und einbrennt.
Der gesamte Desinfektionsvorgang ist eine große Herausforderung, die sich nur im Team bewerkstelligen lässt, zumal entsprechendes Gerät benötigt wird: Große stabile, laugenbeständige Kochgefäße, starke Gasbrenner für die notwendige Heizleistung usw. Auch muss ein ausreichend großer Platz verfügbar sein. Und nicht zu vernachlässigen: Das Hantieren mit kochender Natronlauge erfordert dicke Schutzkleidung und gründliche Einweisung!
Das Entsorgen des infizierten Materials ist eine Alternative, allerdings müssen dann ausreichende Mengen an neuen Beuten usw. angeschafft werden, was schnell die Kapazitätsgrenzen des örtlichen Handels sprengt, wenn hunderte Völker gleichzeitig saniert werden müssen. Beim Entsorgen ist strikt darauf zu achten, das Material nicht in den Müll zu geben, sondern zu Verbrennen. Das ist nicht ungefährlich, da beim Verbrennen von Wachs und Propolis große Hitze entstehen kann – 10m Abstand zu brennbaren Gegenstände oder gar Gebäuden sind keinesfalls ausreichend! Guido Eich berichtete von einem Feuer, bei dem im Umkreis von 50m sämtliche Vegetation am Boden mit verbrannt war.
In Berlin wäre die Müllverbrennungsanlage eine Möglichkeit; es ist aber darauf zu achten, dass das Seuchenmaterial auch sofort in die Verbrennung kommt und nicht zwischengelagert wird.

3. Schritt: Pflege der Völker in den Folgetagen
Die Völker bleiben zunächst einzargig und ohne Wabenwerk: Der Imker muss täglich nach ihnen sehen und neu angelegtes Wabenwerk täglich entfernen, damit die Völker noch nichts neu eintragen und ihre Honigvorräte zum Bauen verwenden. Erst wenn die Völker kein neues Wachs mehr produzieren, weil ihnen die Vorräte ausgehen, wird eine saubere Zarge mit Mittelwänden (und neuem oder desinfizierten Deckel) aufgesetzt. Alle Bienen, die kräftig genug sind, alleine hochzukrabbeln, haben es soweit geschafft.
Am nächsten Morgen wird die obere Zarge abgenommen und auf einen neuen oder gesäuberten/desinfizierten Boden an die selbe Stelle gestellt. Die bisherige untere Zarge mit Boden darf keinesfalls ausgeschüttelt oder gar umgeschüttet werden, denn sie enthält noch reichlich verkeimtes Material, welches einem zweiten großen Desinfektionsvorgang zu unterziehen ist. Dies ist übrigens auf der Grund, die Bienen alleine aufsteigen zu lassen. Natürlich besteht die Gefahr, dass sie verkeimtes Material in die desinfizierte obere Zarge mitbringen, aber die Gefahr wäre beim Umschütten um ein vielfaches höher.
Der Kunstschwarm in der nun komplett neuen oder komplett desinfizierten Beute wird nun leicht gefüttert, damit die Bienen ihr Wabenwerk rasch ausbauen und wieder in Brut gehen können. Nach Guido Eichs Erfahrung sind alle kräftigen Völker nach den Tagen in der leeren Einzargenbeute so in Baustimmung, dass sie innerhalb einer Woche eine komplette Zarge mit Mittelwänden ausbauen.

4. Schritt: Nachuntersuchungen
Die Völker müssen nach der Behandlung nicht sofort völlig keimfrei sein, aber nach Aussagen von Guido Eich braucht auch die Amerikanische Faulbrut ausreichend „Masse“, um zünden zu können. Wichtig ist, die (hoffentlich) sehr geringe Keimzahl durch Nachuntersuchungen zu kontrollieren, was im Rahmen der Seuchenkontrolle durch den Veterinär geschieht.

Behandlungszeitraum

Eine erfolgreiche Faulbrutsanierung ist – wie alle Arbeiten an den Bienen – witterungsabhängig, insbesondere da die Bienen sich übergangsweise notdürftig selbst mit Nahrung (Nektar aus der Umgebung) versorgen sollen und daher ausreichend Flugwetter herrschen muss. Eine Behandlung sollte im Jahresverlauf nicht vor dem April gestartet werden, damit die Bienen zuvor ihr Volk von Winter- auf Sommerbienen umstellen können. Umgekehrt sollte nicht von Mitte August mit Mitte September behandelt werden, da in dieser Zeit der Großteil die Winterbienen herangezogen wird. Ab Mitte September kann dann wieder behandelt werden, solange das Wetter ausreichend warm ist – in manchen Jahren sogar bis Anfang November. Wichtig ist dann aber auch, dass die Bienen noch Gelegenheit bekommen, Winterfutter abnehmen und einlagern zu können. Eine Behandlung im Winter kann auf diese Weise nicht durchgeführt werden, sie ist aber auch nicht zwingend erforderlich, da kaum Bienenflug und damit keine Räuberei- und Ansteckungsgefahr besteht - lediglich im März kann es eng werden. Eine Faulbrutbehandlung erfordert aber ausreichend Vorbereitungszeit, so dass dann auch ein passender Behandlungszeitraum gefunden werden kann.

Abschließende Diskussionen

Auch ohne Anlass sollten sich die Vereine und Landesverbände auf eine mögliche Faulbrutbehandlung vorbereiten, schon weil einiges an Material und Organisation vorzubereiten ist. Auch sollten Seuchensachverständige ausgebildet werden, um entsprechende Maßnahmen koordinieren zu können.
Die Vorsorgeuntersuchungen (Honigkrankbeprobung) gehört zu den wichtigsten Möglichkeiten, Seuchenzentren im Ansatz zu erkennen. Dass der Landesverband Berlin beschlossen hat, die Kosten der Beprobung für alle Mitglieder zu übernehmen, ist ein sehr guter Schritt. Allerdings gab Guido Eich zu bedenken, dass der Ausschluss von Nicht-Mitgliedern möglicherweise trotzdem teurer werden könnte als ein paar weitere Untersuchungen.

Guido Eich füllte mit seinem Vortrag drei Stunden sehr gut aus, ergänzt mit so vielen Details, die es schwer machen, eine abgerundete Zusammenfassung zu erstellen. Klar ist auf jeden Fall, dass sich der Vortrag sehr gelohnt hat, auch wenn lange nicht alle Details im Gedächtnis bleiben und noch viel zu lernen ist, um auf einen Ernstfall wirklich vorbereitet zu sein. Gut ist auch, dass zwei Veterinäre aus Reinickendorf und Mitte beim Vortrag dabei waren. Ich hoffe zwar, dass der Ernstfall nicht eintritt, aber wenn doch, wünsche ich mir, dass wir dann alle an einen Strang ziehen und unsere Völker gemeinsam sanieren können.